“Wertschätzen” – eine Vernissage mit Werken von Uschi Jung

Ulrike Liedtke und Uschi Jung vor einem Gemälde stehend

Das Haus wirkt unspektakulär, doch in den Räumen explodieren die Farben. Galerist Johannes Bunk hatte in den Kunstraum Neuruppin eingeladen und die Resonanz am Sonntagmittag mitten in den Ferien war erstaunlich. Fast ein bisschen eng für die Werkbetrachtung. “Sie können gerne wiederkommen”, meinte der gutgelaunte Galerist zu den zahlreichen Gästen. Mal ganz in Ruhe schauen, was hier geboten wird. Ob die sogenannte KI das auch könne, war die Frage, der Ulrike Liedtke als erfahrene Kunstbetrachterin bitte mal spontan nachgehen sollte.

Von Volkmar Heuer-Strathmann

Für die Musik bestritt die Musikwissenschaftlerin die Möglichkeit. Für die Malerei pflichtete die bildende Künstlerin ihr bei. KI-Kunst bleibe Auftragskunst, da war man sich einig. Der Impuls komme immer vom Menschen. Die Vorgaben auch. Als wesentlichen Unterschied führten Liedtke und Jung die Emotionalität an, das Inspirierende, das Überraschende. Außerdem könne die KI, so Liedtke, nicht “wertschätzen”, nicht zu verwechseln mit “Wert schätzen”. Katalogisieren, kategorisieren – das weite Feld ist längst betreten im Kapitalmarkt Kunst.

Ein schemenhafter Blick aufs “Kulturland”, auf Ruppin am See (2013).

Die Künstlerin präsentiert mit “Kulturland” selbst ein Beispiel, das den Unterschied markiert. Wir sehen Neuruppin von oben. Schematisiert. Klar konturiert, aber ohne krasse Kontraste. “Als Stadtplan ungeeignet”, würde die KI urteilen, gefüttert mit allem, was GPS braucht für die Raserei. Nicht nur diesem Bild wurde viel Wertschätzung entgegengebracht, also eigentlich der Künstlerin. Die nimmt sich allerdings gerne etwas zurück und lässt lieber die Farben, die Formen, die Verwicklungen sprechen, die nicht so leicht zu entwirren sind. Ihr “Himmel über Brandenburg” prägt sich ein. Da dreut etwas, so wie die Kräfte wirken, die entfesslt sind. Ulrke Liedtke, diesmal nicht als Politikerin zu Gast, deutet an, dass man dieses Werk (und andere) womöglich mal in Potsdam präsentieren könne. Sie ist da berufstätig und hat mit dem gesamten politischen Farbspektrum zu tun.

Zwei hängende Bilder an einer Wand
“Im Rhythmus I und II” oder: wenn Strophen Gestlt bekommen… (2025)
Fotos: VHS

Wie vor einem Rätsel steht man vor “blauVERDECKT”. Irgendwer muss Brandenburgs Adler an den Hals gegangen sein. Die Blauen? Blut tropft. Das Tier scheint in tiefer Not. Andere sehen anderes. Ein jüngeres Werk, “gebrochene UNSCHULD” genannt, spielt mit einer Drohne. Als wäre nicht aufgeräumt worden, liegt sie da. Kabelsalat. Blutrot der Grund. “Nicht kriegstauglich”, kommentiert ein Kriegskundiger. “IM RHYTHMUS I und II” macht die Grenze fließend zwischen Musik und Bildender Kunst, zwischen Violinschlüsselmotiv und Farbformgestaltung.
“Wertschätzung des Lebens” – hier in dieser großartigen Ausstellung wird sie künstlerisch offenbar. Die Präsentation, zu der auch Kleidsames gehört und allerlei anderes Machwerk, läuft noch bis zum 14. September 2025, Mittwoch bis Samstag von 15 bis 18 Uhr, am Sonntag von 11 bis 13 Uhr. Freie Gruppen und Kunstkurse sollten sich lieber anmelden. Eigentlich wäre ja ein Einzelbesuch das Einzige, was die Werke vollumfänglich zugänglich machen könnte…

Petition zur Rettung des Tucholsky-Museums erfährt immer mehr UnterstützungLandtagspräsidentin Ulrike Liedtke unterschreibt auf dem Schulplatz in Neuruppin

Foto von Ulrike Liedtke und Peter Böthig

Immer mehr Prominente unterstützen die Petition zur Rettung des Tucholsky-Museums – auch Brandenburgs Landtagspräsidentin setzt ein Zeichen.

Von Volkmar Heuer-Strathmann

Die Nachricht machte schnell die Runde: “Akademie der Künste stoppt die Zusammenarbeit mit dem Kurt-Tucholsky-Literatur-Museum in Rheinsberg!” Für Peter Böthig, den ehemaligen Leiter der Einrichtung, ist klar: “Das ist eine Zäsur. Damit verliert das Museum einen wichtigen Partner.” Insbesondere im Hinblick auf Ausstellungen habe man in Rheinsberg von den Berlinern profitiert.
Hintergrund der Entscheidung ist die Situation, für die man nicht nur in Berlin den amtierenden Bürgermeister Frank-R. Schwochow (BVB/Freie Wähler) verantwortlich macht. Die Initiatoren der Petition “Rettet das Tucholsky-Museum in Rheinsberg” sehen die Situation genauso. Dort heißt es: “Im Mai 2024 stimmten die Rheinsberger Stadtverordneten zu: Der Kreis soll die Trägerschaft übernehmen. Trotzdem weigerte sich der Bürgermeister, den Vertrag zu unterschreiben.” Auf dem Schulplatz in Neuruppin erinnerte Böthig daran, dass es immerhin um 625.000 Euro gehe. So sei der Wert der Bestände zu taxieren.
Böthig zeigte sich hocherfreut, dass Ulrike Liedtke, die amtierende Präsidentin des Landtags Brandenburg, extra in die Kreisstadt gekommen war, um ihre Unterschrift unter die Petition öffentlich zu geben. Liedtke wies ebenfalls auf die immense Bedeutung des Museums hin. Und sie betonte, ein solches Haus sei nicht nebenbei zu leiten. Ellen Krukenberg vom Amt für Kultur, Tourismus und Wirtschaft sieht sie als derzeitige Leiterin in einem Dilemma. Als ehemalige Stadtverordnete wies die SPD-Politikerin auch auf die finanziellen Verluste hin, die die Stadt Rheinsberg erleide, wenn der besagte Vertrag nicht zustande komme. Das Unterschreiben am Tablet wurde von Applaus begleitet.
Dass nicht einmal die anwesenden Rheinsberger über den aktuellen Stand der Personalfragen informiert waren, könnte mit Besuchshemmungen zu tun haben. Ein Veranstaltungboykott? Hier im Netz hätten Interessierte schon seit ein paar Tagen lesen können, dass sich der in Berlin beheimatete Verleger Peter Graf ab 15. Juli 2025 mit wissenschaftlichen Fragen befassen wird. Der Vertrag zwischen Landkreis Ostprignitz-Ruppin und der Stadt Rheinsberg steht auf einem ganz anderen Blatt.

“Senden!” Ein Blick auf das Tablet der Potsdamer Landtagpräsidentin. Foto: VHS

Im Spätsommer wird gewählt in Rheinsberg. Es geht um die Leitung der Verwaltung und um die Repräsentation der Stadt. Der Amtsinhaber findet Herausforderer. An Tucholsky werden sie alle auf dem Weg ins Rathaus nicht vorbeikommen, am wenigsten Frank-R. Schwochow. Sollte es zu einer Podiumsdikussion kommen, wird die “Gretchenfrage” nicht ausbleiben, ganz diesseitig, ganz dringlich: “Wie hast du’s mit dem Tucholsky-Museum?” Und dann die Frage an den Amtsinhaber, warum der Text des 60. Stadtschreibers Max Czollek erst im Oktober erscheinen soll. Ob das mit dem Wahltermin zu tun hat? Und dem Thema des Rheinsberger Bogen? Eine “Anleitung zur Rettung eines Tucholsky-Museums” hat der Wagemutige verfasst? Klingt ja fast nach Tucholsky. Aber der Satiriker hätte wohl eher – wie in “Ratschläge für einen schlechten Redner” Tipps zur Kulturvernichtung gegeben. “Stell dich einfach amtstot!” und so Sätze…
Prominente wie Günter Wallraff und Katja Lange-Müller gehören übrigens schon zu den Unterzeichnern und Unterzeichnerinnen der Petition. Ulrike Liedtke wird als Nummer 2.123 geführt. Das war vor gut zwei Stunden. Der Zähler hat bestimmt schon weitergezählt.

Hier kann die Petition unterzeichnet werden: Rettet das Tucholsky Museum