Klein und bescheiden steht es da, das Nachtwächterhäuschen in Kränzlin. Den Job gibt es nicht mehr, aber so mancher Gästeführer in den historischen Städten oder Stadtteilen in Deutschland bezeichnet sich als “Nachtwächter”. Einige bieten sogar Führungen zu später Stunde an. Auf der Suche nach dem kleinsten Gebäude der Kommunen im Landkreis könnte man in Kränzlin womöglich richtig liegen. Das Dorf gehört zur Gemeinde Märkisch-Linden.
Von Volkmar Heuer-Strathmann
Dass Kinder sich für das Unikat interessieren, verwundert nicht. “Hat da einer gewohnt?”, wird gefragt. “Ist das ein Gefängnis gewesen?” “Wer hatte den Schlüssel?” – Den Schlüssel zum Verständnis bieten alte Geschichten. Und Dokumente. Und Karten. Was der Nachtwächter im landwirtschaftlich und feudal geprägten Dorf Kränzlin zu tun hatte, wäre noch zu erkunden. Gewiss ist, dass es bei diesem hochanständigen Job um die Abwehr von Gefahren ging. Etwa durch Feuer. Brandgeruch konnte ein Signal sein. Dann dürfte Weckdienst angesagt gewesen sein. Und womöglich ein Einsatz der örtlichen Wehrkräfte. Oder Nachbarschaftshilfe. Vom “Rauchmelder” könnte man schnell zur “Wetterwarnung” und zur “Diebstahlsicherung” kommen. Der Nachtwächter ist eben ein Vorläufer der modernen Securitysysteme und der breit aufgestellten Securitybranche. Wie mochte der Nachtwächter ausgestattet gewesen sein?
Das Wort vom “Nachtwächterstaat” stammt von Ferdinand Lassalle. Es ist kritisch getönt. Denn dem Sozialisten war es zu wenig, wenn der Staat sich auf die Wacht beschränkte, auf Sicherheit und die Voraussetzungen der allgemeinen Geschäftigkeit, aber nicht etwa zum wirtschaftlichen Akteur wurde.

Fotos: VHS
Wer mochte solch einen Job einst gemacht haben? Der Stärkste? Der Umsichtigste? Der Edelste? Der Mutigste? Wetterfest muss er gewesen sein. Ein Nachtwandler wäre eine Fehlbesetzung gewesen. Ebenso ein Bürger, der die Tür zum Wirtshaus noch lieber anschaute als die zu seinem Unterstand. An Schlaf im Stehen war sicher nicht zu denken.
Einer der bekanntesten Besucher des Dorfes Kränzlin war Karl Friedrich Schinkel. Gotthilf Wagner, der Mann seiner älteren Schwester Sophie, war Prediger in Kränzlin, lebte aber nur bis 1806. Ob Schinkel, der Architekt, einen Blick gehabt hat für solch ein Gebäude? Bei seinem Werk “Neue Wache” in Berlin ging es um andere Dimensionen. Und um Repräsentation. Dafür wäre das Häuschen nun wirklich bisschen zu schmal und klein und eng gewesen. Wertschätzung hat es dennoch verdient als Zeitzeuge der Geschichte und als Zeichen der Wachsamkeit im Gemeinwesen.

