“Wohnen – Mensch – Natur” – mit diesen Leitworten umreißt die Neuruppiner Wohnungsbaugenossenschaft “Karl Friedrich Schinkel” das sozial-ökologische Wohnprojekt “An der Pauline”. Mit dem Schinkel-Preis 2025 wird die Arbeit gewürdigt. Ein Fachvortrag bot Hintergrundinformationen. Bewegende Musik war zu hören. Am Ende wurde angestoßen – auch auf Karl Friedrich Schinkel.
Von Volkmar Heuer-Strathmann
Matthias Frinken begrüßte im Namen des Vorstandes der Karl-Friedrich-Schinkel-Gesellschaft die zahlreichen Gäste im Saal des Museums – darunter auch Bewohner der besagten Einrichtung. Frank Borchert, der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft, nahm die Urkunde als Zeichen der Auszeichnung entgegen. Zuvor hatten Nico Ruhle als Bürgermeister und Mario Zetsche als Leiter des Amtes für Kultur und Tourismus den Blick bereits auf das Schinkel-Jahr 2031 gerichtet. Dann liegt der Geburtstag von Karl Friedrich Schinkel 250 Jahre zurück. Aus dem Fontane-Jahr 2019 weiß man, wie wichtig eine gezielte und umfassende Vorbereitung ist für den Erfolg. Es war Zetsche anzumerken, dass man seitens der Stadt einiges vorhat, wenn die Stadtverordneten den Auftrag erteilen. Der ins Auge gefasste “Schinkelplatz” rund um die Kulturkirche könnte sicher deutlich vor 2031 eine “erste Adresse” in Neuruppins Kulturleben werden, gerade auch für Auswärtige, hatte sich Bürgermeister Ruhle schon bei der Gedenkveranstaltung am Denkmal überzeugt gezeigt.
Durch ihre wunderbaren musikalischen Beiträge an Bass und Schlagwerk erzeugten Karoline Körbel und Berit Jung eine Stimmung der Besinnung und der Lebensbejahung. Mal sind es fast zärtliche Berührungen und sanfte Striche, mal geht’s in hohe Frequenzen oder es wird kraftvoller geschlagen, um Zeichen zu setzen. Der Gesang der Frauen wirkt klar und stark: “We shall overcome” – Klangkunst als wirkungsvolle Botschaft. Wohltuend im Lärm der Wirrnisse der Welt. Herzlicher Applaus als Anerkennung und Dank.

Foto: VHS
Für Matthias Frinken lässt sich die Entwicklung des Genossenschaftswesens in Deutschland seit 1868 in fünf Phasen einteilen. Der politische Kontext könnte kaum unterschiedlicher sein, doch die Idee gemeinsam verantworteter Lebensgestaltung blieb stets bestimmend. Was das heute im Land Brandenburg heißt, veranschaulichte Matthias Brauner vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen mit Zahlen und Grafiken aus den letzten Jahren. Nicht erst jetzt ist bezahlbares Wohnen ein Politikum. Als bedingt optimistisch wird man Brauners Worte und Daten verstehen können, etwa im Hinblick auf die neuen Angebote und die Auslastung. Demografie und Geografie, Infrastruktur und Politik kommen ins Spiel. Berlin als Metropole ist nicht weit entfernt und doch weit genug, wenn man modern, aber mit Muße, urban, also nicht in Waldeseinsamkeit wohnen, also leben will. Also in Neuruppin? Und wo zum Beispiel?

Foto: VHS
Frank Borchert konnte vor der Preisverleihung einen Blick von oben auf das Projekt “An der Pauline” präsentieren. Drohnen machen’s möglich. Das vielfältige Angebot von der modernen Kindertagesstätte bis zur behutsamen Alterspflege wurde sichtbar. Später ging’s in Wort und Film hinunter bis zu den technischen Anlagen. Vom ständigen Lernprozess war die Rede angesichts der ökologischen und materiellen Herausforderungen. Durch die persönlichen Worte der “Pauliner” wurde deutlich, welche Gedanken und Hoffnungen mit der Entscheidung für das Projekt einhergehen können. Dass nach ein paar Jahren nichts zu bereuen ist, war zu hören, aber auch zu spüren. Persönliche Freiheit und freiwillige Gemeinschaft prägen dieses Neuruppiner Projekt. Man kooperiert mit ESTA, den Stadtwerken und der Stadt und bleibt doch Wohngenossenschaft, also auch der von Matthias Frinken erwähnten großen Idee verbunden. Die Umsetzung war das Ergebnis von politischen Kämpfen, das könnte man heute leicht vergessen. Schon die 68er des 19. Jahrhunderts gingen eben in die Geschichte der Emanzipation im besten Bürgersinne ein. Auch durch Klugheit.

Foto: WBG Neuruppin
“Wie schön!”, war mehr als ein spontaner Kommentar aus dem Publikum im Hinblick auf die Ästhetik des großen Baukomplexes. Zu Fuß oder mit dem Rad kann man sich leicht einen Eindruck von der Atmosphäre verschaffen. Gärten gehören natürlich auch dazu. Dann sieht man auch, dass die Arbeit weitergeht. Nun am alten Paulinenauer Bahnhof. Denkmalpflege im Neubaugebiet – sollte man gar nicht denken. WOMENA – ein Projekt im Sinne von Karl Friedrich Schinkels Satz: “Überall ist man nur da wahrhaft lebendig, wo man Neues schafft.”
Außer der Urkunde und dem Preisgeld von 1000,00 € wurden Präsente überreicht. Kräftiger Applaus galt den Ausgezeichneten, aber auch den Veranstaltern um Matthias Frinken und Otto Wynen. Als Vorstandsmitglieder waren Angrid Marienfeld-Lungfiel und Gottfried Lungfiel extra aus Hamburg angereist, um an der Gedenkveranstaltung am Schinkel-Denkmal und an der Preisverleihung teilzunehmen. Und das Team um Carola Aglaia Zimmermann vom Museum Neuruppin hatte keine Mühe gescheut, um auch den Ausklang mit Sekt und kleinen Köstlichkeiten festlich und feierlich zu gestalten. Sonderapplaus!


