Familiennachzug für Ostdeutsche

Wie der Wegzug junger Frauen den Osten verändert – und radikale Tendenzen fördert

Von macron

Seit der Wende verlassen viele junge Frauen die ländlichen Regionen Ostdeutschlands in Richtung Westen. Bessere Karrierechancen, höhere Löhne, eine bessere Infrastruktur und ein fortschrittlicheres gesellschaftliches Klima treiben sie fort. Was sie zurücklassen, sind Dörfer mit starkem Männerüberschuss, schwindender Infrastruktur – und wachsender politischer Unzufriedenheit.

Die Soziologin Katja Salomo spricht von einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel: In manchen ostdeutschen Gemeinden sind über 70 % der 18- bis 29-Jährigen männlich. Diese Überrepräsentation führt laut Studien nicht nur zu Frustration, sondern kann auch ein verstärkender Faktor für rechtsextreme Radikalisierung und Gewalt sein – insbesondere gegen Geflüchtete, die als Konkurrenz auf dem „Partnerschaftsmarkt“ empfunden werden.

Die Abwanderung junger, progressiver Frauen entzieht den Regionen wichtige Stimmen für ein vielfältiges, tolerantes Miteinander. Zurück bleiben Männer, deren Perspektivlosigkeit sich politisch kanalisiert – oft in Richtung AfD oder extremer. Der Mangel an weiblicher Präsenz und sozialer Vielfalt wirkt wie ein Katalysator für rückwärtsgewandte Weltbilder.

Ironisch, aber dringend diskutierenswert: Während Deutschland über Familiennachzug für Geflüchtete debattiert, braucht es vielleicht einen „Familiennachzug für Ostdeutsche“ – Maßnahmen, um Frauen das Bleiben oder Zurückkommen zu erleichtern und ländliche Räume neu zu beleben: durch bessere Bildungsangebote, Dienstleistungen, Mobilität und ein gesellschaftliches Klima, in dem sich auch Frauen willkommen und sicher fühlen.

Quelle: MAZ vom 27.Juni 2025 Brandenburg/Berlin „Als Frau will man einfach nur weg