Mitte vierzig ist Eric Wrede. Von Beruf ist er Bestatter und Trauerbegleiter. Dafür hat er vermutlich nicht Deutsch und Geschichte studiert. Dafür musste er nicht DJ werden. Und seine Marketingerfahrung? Die dürfte nicht schaden. In der Fontane-Buchhandlung war er am Welthospiztag als Autor zu Gast. Man kooperierte mit dem Verein Ruppiner Hospiz und konnte sich über großes Interesse freuen.
Von Volkmar Heuer-Strathmann
“Abkratzen, einschlafen, verrecken, die letzte Reise antreten” – es gibt viele Umschreibungen oder Wendungen für die letzte entscheidende Veränderung im Leben. Eine Sterbeurkunde gehört auch dazu. Eric Wrede präsentierte noch weitere Varianten auf schwarzem Hintergrund, unterlegt mit dunkler Musik. Wer deshalb dachte, der Gast aus Berlin würde das Thema todernst angehen, lag falsch. Wrede erzählt, ursprünglich habe er Kindern etwas bieten wollen, was ihre Fragen zum Thema Sterben und Tod ernst nicht, aber nicht angsteinflößend wirkt. Das Ergebnis ist im Handel zu haben. Außerdem “The End: das Buch vom Tod” (2018) und neuerdings “Auf Leben und Tod” (2024).
“Ist wer vom Friedhof da?”, fragt er. Personal ist gemeint. “Ist wer vom Hospiz da?” “Sind Bestatter da?” Die Mehrheit gehört nicht zu einer der drei Gruppen. Der erste Text ist zwischen Fiktion und Praktikumsbericht angelegt. Es geht um einen Urnendiebstahl. Es geht um rechtliche Regelungen. Die Liberalisierung in Rheinland-Pfalz ist nicht Thema, aber es ist herauszuhören, dass Wrede gegen ein Übermaß an Regulierung ist. “Was tut den Menschen gut?”, ist seine Leitfrage. Glaubensfragen kommen an diesem Abend nicht zur Sprache. Ein Text über “Tinder für Trauernde” weckt Heiterkeit. Wrede weist darauf hin, dass der Trauerprozess nicht von permanenter Traurigkeit geprägt ist. Euphorie ist sogar möglich, Enthusiasmus, Entdeckerlust. Deshalb auch die Idee, Kontakte im Internet zu vereinfachen, ganz nach Bedürfnislage. Eine Phase der Reifung sei möglich: größere Empahie, höhere Wertschätzung des Lebens, bewusstes Erinnern bei aller Traurigkeit. Andere Menschen müssten um Trauernde keinen Bogen machen, wobei eine gewisse Unsicherheit verständlich sei, auf beiden Seiten.

Fotos: VHS
Als Bestatter kommt Wrede viel herum. Friedhöfe sind sein Metier. Vor manchen Anlagen graut ihm. Die Neuruppiner werden beglückwünscht. Das Lob gilt den Menschen, die dafür gesorgt haben oder sorgen. Man kann sich bewegen, die Pflanzenwelt ist schön anzuschauen, es gibt Orte zum Verweilen, man kann sich dort treffen und gemeinsam eine Grabstätte aufsuchen.
Im Hinblick auf das Hospizwesen gibt Wrede, bei aller Sympathie für die Initiativen, zu bedenken, dass Unterbringungen dieser Art auch dazu führen könnten, dass Fürsorge delegiert werde. Dass es immer und überall auf den Einzelfall ankomme, ist eine der Botschaften des Abends. Dass Humor helfe, eine andere. Immer? Es kommt immer und überall…
Wer wissen möchte, wie Promis wie Eckhart Hirschhausen, Sarah Kuttner, Sven Regener, Anke Engelke oder Sebastian Fitzek über das denken, “was am Ende zählt”, wird im zweiten Werk recht lockere, aber durchaus persönliche Gespräche finden. Die Debatte der letzten Jahre über Selbstbestimmung und Tod hat zahlreiche Werke hervorgebracht. Der mit fröhlichem Applaus bedachte Eric Wrede hat einen sehr sehr alten Hund. Er ist sehr sehr brav. Ob Herrchen mal was über das Sterben der Tiere schreiben sollte? Erstmal die Haustiere, Haltungsfragen inbegriffen. Mit 45 müsste noch viel möglich sein, rein statistisch betrachtet.


